LUMENION macht Produktion von BIO-FROST Westhof noch grüner

26.09.2022

Hochtemperaturspeicher von LUMENION spart jährlich das Äquivalent von 1.670 Tonnen CO2 in Europas größter Bio-Frosterei

Die BIO-FROST Westhof GmbH, Europas größte Bio-Frosterei, wird an ihrer neuen Produktionsstätte in Friedrichsgabekoog in Dithmarschen, Schleswig-Holstein einen Hochtemperaturspeicher von LUMENION für die Bereitstellung von Prozesswärme einsetzen. Das gaben beide Unternehmen heute bekannt. BIO-FROST Westhof will dadurch eine zunehmend CO2-freie Produktion sicherstellen und fossile Energieträger durch erneuerbare, regional erzeugte Energie ersetzen. Der neue Produktionsstandort ist derzeit im Aufbau und soll Anfang 2024 in Betrieb gehen.

LUMENION wird für BIO-FROST Westhof vor Ort einen Hochtemperaturspeicher mit 20 MWh Speicherkapazität errichten, dessen Stahlkern durch Überschüsse an regionalem Windstrom gespeist und erhitzt wird. Der LUMENION-Speicher wird Teil einer der größten Bio-Tiefkühlkostproduktionsstätten in Europa, die dort zurzeit errichtet wird. Die Prozesswärme aus dem Speicher wird dann zum Schälen und Blanchieren von Bio-Gemüse eingesetzt. Die Anlage verfügt über eine Verarbeitungsleistung von 240 Tonnen Bio-Fertigware pro Tag und belegt, dass energieintensive, industrielle Prozesse in der Lebensmittelproduktion dank effizienter Speicherlösungen CO2-frei und netzdienlich betrieben werden können.

Regenerative Energie, vor Ort optimal genutzt

Die Region Dithmarschen weist in Deutschlands die höchste Dichte an Windkraftanlagen auf. Wenn der reichlich vorhandene Windstrom zum Zeitpunkt seiner Erzeugung nicht eingespeist werden kann, werden die Windkraftanlagen jedoch abgeschaltet. LUMENIONs Hochtemperaturspeicher löst dieses Problem und speichert die überschüssige, sonst ungenutzte Energie ein. Die Frosterei erhält auf diese Weise Prozesswärme entsprechend ihrem Bedarf. Insgesamt wird BIO-FROST Westhof durch den Speicher von LUMENION jährlich das Äquivalent von 6,75 GWh Erdgas ersetzen können und dadurch das Äquivalent von circa 1.670 Tonnen CO2 bei der Nutzung von erneuerbarer statt fossiler Prozesswärme einsparen.

„Wir sehen heute vielerorts, wie groß der Bedarf nach CO2-freier Energie im industriellen Maßstab ist“, erklärt Peter Kordt, Geschäftsführer von LUMENION. „Unsere Hochtemperaturspeicher aus Stahl können die Spitzen aus Wind- und Sonnenenergie kostengünstig zwischenspeichern und später bedarfsgerecht nutzen. Wir freuen uns daher sehr, dass wir mit BIO-FROST Westhof zeigen können, wie sich auch große Energiebedarfe mit Hilfe unserer Hochtemperaturspeicher verlässlich aus kostengünstiger erneuerbarer Energie decken lassen.“

„Ich freue mich sehr, dass wir gemeinsam mit LUMENION die Machbarkeit der Energiewende in der Nahrungsmittelproduktion beweisen können“, erläutert Rainer Carstens, Geschäftsführer von BIO-FROST Westhof, die Entscheidung für LUMENION. „Gemeinsam verzahnen wir ökologische Landwirtschaft, erneuerbare Energien und Energieeffizienz in einer auf ressourcenschonende Kreislaufwirtschaft ausgelegten Produktionsstätte.“

Pressekontakt:

Karen Sahnen
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Lumenion Bottroper Weg

Mit Stahl zu grüner Prozesswärme

12.06.2022

Neue Speicherungsform

Energiespeicher bilden die Brücke zwischen regenerativer Energieerzeugung und stabiler Energieversorgung. Thermische Speicher können klimafreundliche Prozesswärme liefern und sind gleichzeitig eine sofort verfügbare Antwort auf steigende Preise für fossile Energieträger. Während technische Lösungen für Stromspeicher – ob als Batteriespeicher oder Pumpenspeicher – schon sehr bekannt sind, rücken Speicher für grüne Wärmeversorgung jetzt verstärkt in den Fokus. Die preisgekrönte Technologie des Berliner Startups (Innovationspreis Berlin/Brandenburg) LUMENION kann Prozesswärme CO2-frei bereitstellen. Dies gelingt über einen Speicher aus Stahl.

Das Anforderungsprofil im industriellen Sektor ist dabei klar: Prozesswärme aus regenerativen Quellen muss ebenso zuverlässig zur Verfügung stehen wie aus konventionellen Quellen und soll preislich den massiven Anstieg der Energiekosten dämpfen. Allein in Deutschland entfallen derzeit über 60 Prozent der Energienutzung im industriellen Sektor auf den Bereich der Wärmeerzeugung. Doch es werden nur circa 15 Prozent der Leistung aus erneuerbaren Quellen gedeckt. Diese Quote deutlich zu erhöhen, hat sich das Unternehmen Lumenion zum Ziel gesetzt.

Stahlspeicher von Lumenion CAD am Bottroper Weg in Berlin – Grafik © lumenion.com

Am Bottroper Weg in Berlin versorgt ein Lumenion-Speicher rund 400 Wohnungen mit klimafreundlicher Wärme. Das Pilotprojekt verfügt über eine Kapazität von 2,4 MWh, die immerhin ausreichen, um ein Wohnquartier zu versorgen. Aber wie funktioniert das Prinzip?

Bei Lumenion-Speichern handelt es sich um sogenannte sensible Wärmespeicher, eine spezielle Art der thermischen Speicher. Dias bedeutet, dass beim Be- und Entladevorgang die Temperatur „fühlbar“ (Sensibel) verändert wird. Die (Wärme-)Kapazität des Speichers ergibt sich dann aus dem im Speicherkern verwendeten Material. Lumenion setzt bei dieser Hauptkomponente auf Grund der Stoffeigenschaften auf Stahl. Dieser verbirgt sich zur Verringerung von Abstrahlverlusten in einer wärmegedämmten Ummantelung. In der Anlage im Bottroper Weg wurden für den Kern Rundstäbe mit 40 Millimeter Durchmesser gewählt. Diese sind in einem Fischgrätenmuster zu beiden Seiten einer Mittelstange angeordnet.

Über die Masse an eingesetztem Stahl lässt sich die Kapazität des Speichers definieren. Für 2,4 MWh wurden insgesamt circa 60 Tonnen verbaut. Eine weitere Anlage mit 20 MWh ist bereits in der Planung und wird schätzungsweise 600 Tonnen Material benötigen.

Mit Hilfe von Strom wird der Kern im Ladezustand aufgeheizt. Dafür wird Energie im sogenannten Heizregister in Wärme umgewandelt, um ein gasförmiges Wärmeübertragungsmedium aufzuheizen. Das Medium umströmt nun die Rundstäbe und die thermische Energie wird konvektiv in den Speicherkern übertragen. Dieser nimmt die Wärme gleichmäßig und schnell auf und die Temperaturkurve steigt Linear von mindestens 170 °C bis 650 °C an. Ein Ventilator sorgt dabei für eine permanente Luftumwälzung.

Die Ausspeicherung erfolgt gleichfalls über das gasförmige Wärmeübertragungsmedium. Die Wärme wird in der Grundauslegung je nach Anforderungsparametern des Abnehmers mit bis zu 650 °C entnommen und über einen Wärmetauscher oder einen Dampferzeuger ausgekoppelt. Bei größeren Speichern wie einer 200 MWh Anlage ist auch eine Dampfturbine für eine etwaige Rückverstromung möglich. Bei dieser Art der Speicherung und Umwandlung ist ein Wirkungsgrad von 90 bis 95 Prozent möglich. Aktuell ist der Speicher auf Ladeperioden von vier – sechs Stunden und Entladeperioden von bis zu 24 Stunden eingestellt. Wobei auch eine gleichzeitige Be – und Entladung möglich ist.

Durch eine spezielle Steuerung können die Speicher auf regenerative Energien ausgelegt werden. Dabei werden sie so eingestellt, dass sie nur laden, wenn erneuerbare Energien im Überfluss zur Verfügung stehen. Dies hat einerseits den Vorteil, dass die Volatilitäten der Erneuerbaren an den Stellen aufgefangen werden kann, wo auf Grund der Netzstabilität sonst eine Abschaltung erfolgen würde. Andererseits ist zu diesem Zeitpunkt der Strom besonders günstig.

Im Gegensatz zu Batteriespeichern weisen thermische Speicher außerdem einige interessante Vorteile auf. Einerseits verfügen Sie über eine konstant gleichbleibende Leistung, da sich die Nutzung lediglich im Ausdehnen und Zusammenziehen des Speicherkerns bemerkbar macht. Hingegen verlieren Batteriespeicher bei jedem Ladezyklus etwas an Speicherkapazität. Dies sorgt dafür, dass sie auf möglichst wenige Zyklen ausgelegt werden. Thermische Speicher indes profitieren von häufigen Ladezyklen, da sie sich so deutlich schneller amortisieren. Außerdem können sie als Wertanlagen betrachtet werden, da sie trotz starker Beanspruchung nur minimalem Verschleiß unterliegen. Dazu lässt sich der verwendete Stahlkern problemlos recyceln.

Peter Kordt, Geschäftsführer Lumenion GmbH: „Mit unseren Speichern sind wir in der Lage, den wichtigen Markt der Prozesswärmeenergie schnell und vor allem CO2-neutral zu bedienen. Dabei können wir in puncto Kundenanforderungen individuell reagieren und unsere Speicher kapazitiv und temperaturbedingt anpassen. Dazu ist die Verfügbarkeit der verbauten Materialien ein großer Pluspunkt. Das ermöglicht uns, eine schnelle Umsetzung der Projekte zu gewährleisten.“

Quelle: LUMENION GmbH

Peter Kordt

3 Fragen an Peter Kordt, Geschäftsführer von LUMENION

08.06.2022

„Der Wegfall der EEG-Umlage ist ein Booster für Speicherintegration“

Berlin (energate) – Die Novellierung des EEG bringt die langersehnten finanziellen Anreize für eine großflächige Integration von Speichern ins Stromnetz. Vor allem der Wegfall der EEG-Umlage werde einen wichtigen Impuls setzen, meint Peter Kordt, Geschäftsführer des Speicherherstellers LUMENION.

energate: Herr Kordt, welche Impulse erwarten Sie für durch den Wegfall der EEG-Umlage?

Kordt: Der Wegfall der EEG-Umlage ist ein Booster für die großflächige Integration von Speichern ins Netz. Politisch stand bisher wenig im Fokus, dass hierzulande circa 53 Prozent der produzierten Energie zur Bereitstellung der Warmwassergrundversorgung und der Prozesswärme verwendet werden. Diese werden noch zu 85 Prozent aus fossilen Energieträgern gewonnen. Das muss sich ändern. Hier können thermische Energiespeicher maßgeblich zu einer klimafreundlichen Produktion im Industriebereich beitragen. Eine Hürde stellte bisher die EEG-Umlage dar. Grund dafür ist, dass Stromspeicher bisher sowohl als Letztverbraucher als auch als Erzeugungsanlage gelten. Daher musste hier die EEG-Umlage abgeführt werden, was eine wirtschaftliche Benachteiligung gegenüber fossilen Brennstoffen bedeutete.

energate: Wie bewerten Sie den wirtschaftlichen Rahmen für thermische Energiespeicher?

Kordt: Durch die Novellierung des Gesetzes entstehen finanzielle Anreize und ein fairer Markt, der sich aus marktwirtschaftlicher Perspektive in zwei Richtungen entwickeln wird: Zum einen wird der Ausbau und die Integration von Speichern für klimafreundliche Wärme von dem großen Bedarf an Prozesswärme beispielsweise in der Lebensmittel- oder Chemieindustrie getrieben. Des Weiteren wird sich die Forschung und Entwicklung von weitaus leistungsstärkeren Speichern beschleunigen, um die große Nachfrage zu erfüllen. Viele Speicher sind langlebig, wartungsarm und sehr schnell realisierbar. Wir können zudem als Überkompensationsausgleich für die bestehende Netzstruktur dienen. Der von unseren Speichern initiierte Ladevorgang kann beispielsweise starten, wenn aufgrund der Volatilität der erneuerbaren Energiequellen normalerweise eine Abschaltung der Netzeinspeisung stattfinden würde. So kann unser thermischer Energiespeicher Strom nutzen, der sonst faktisch verlorenginge.

energate: Welches Wachstum an Kunden ist durch den Wegfall der EEG-Umlage zu erwarten?

Kordt: Die Branche rechnet mit einem Wachstum von bis zu 29 Prozent im Jahr 2022. In Zahlen ausgedrückt bedeutet das laut Bundesverband Energiespeicher eine Umsatzsteigerung von 2,5 Mrd. Euro. Was unser Unternehmen angeht: Vor allem die Lebensmittelindustrie ist derzeit stark an der Integration thermischer Speicher interessiert. Eines unserer aktuellen Projekte ist die Konzeption eines Speichers für einen Biobauern, der Dampf für die Verarbeitung seines Gemüses benötigt, bevor er es einfriert. Hier reden wir über 20 MWh – verglichen mit unserem Speicher in Berlin, der mit gerade einmal 2,4 MWh rund 400 Wohnungen mit Wärme versorgt, ein Riesenprojekt.
Sehr hohen Wärmebedarf unterhalb von 600 Grad haben aber auch die Chemieindustrie, Molkereien oder Brauereien. Alle Unternehmen, die Prozesswärme benötigen, machen sich derzeit Gedanken, wie sie ohne fossile Energieträger künftig noch produzieren können. Die Zeit drängt. Daher haben wir derzeit sehr viele Anfragen.

Die Fragen stellte Artiom Maksimenko


Copyright: energate GmbH; Kontakt: redaktion@energate.de; Jegliche Verwendung für den nicht-privaten, kommerziellen Gebrauch bedarf der schriftlichen Zustimmung.
10.06.2022, 09:14

Foto oben: Kordt: „Vor allem die Lebensmittelindustrie ist derzeit stark an der Integration thermischer Speicher interessiert.”
(Quelle: Lumenion GmbH)

LUMENION Hochtemperaturspeicher in Berlin, angebunden an die Wärmeversorgung eines Wohnquartiers.

Wie die Industrie mit thermischen Speichern Gas sparen kann

03.06.2022

Die grünen Dampfmacher

Industriebetriebe ächzen unter hohen Gaspreisen und fürchten ein Embargo. Sie brauchen Energie für ihre Prozesswärme, ob in der Brauerei oder dem Chemiepark. Eine simple Technik könnte helfen: thermische Speicher.

Von ANNA-LENA NIEMANN

Anschlussfähig: Im alten Heizhaus eines Berliner Quartiers sorgt der mit Stahlkernen gefüllte Speicher von Lumenion für heißes Wasser. Er lädt, wenn viel Wind und Sonne die Strompreise drücken.
Anschlussfähig: Im alten Heizhaus eines Berliner Quartiers sorgt der mit Stahlkernen gefüllte Speicher von Lumenion für heißes Wasser. Er lädt, wenn viel Wind und Sonne die Strompreise drücken. – © Lumenion


Die Hierarchie im Energiekosmos ist eigentlich ganz klar. Der Platz ganz oben gehört dem elektrischen Strom. Edel ist er, da sind sich Techniker und Tüftler einig. Wärmeenergie ist da schon etwas profaner, hierarchischer Mittelplatz vielleicht. Doch nun kommt die Energiewende und bringt die ganze schöne Pyramide durcheinander. Denn jetzt, und erst recht seit das Land noch einige Gründe mehr hat, von den alten Wärmebringern Öl und Gas wegzukommen, fällt eines auf: Dort, wo grüne, regenerativ erzeugte Wärme sein sollte, klafft eine ziemlich große Lücke.

Den noblen Strom steuern immerhin schon zu 40 bis 50 Prozent regenerative Energiequellen bei. Davon ist der Wärmesektor mit seinen 15 Prozent weit entfernt. Dabei ist die Furcht deutscher Unternehmen vor einem Gasembargo auch deshalb so groß, weil sich die Industrie lange darauf verlassen hat, dass ihnen genau dieser Brennstoff viel Prozesswärme liefert. Laut Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft gehen zwei Drittel des industriellen Endenergieverbrauchs für Wärme drauf, davon wiederum der weit überwiegende Teil für Prozesswärme – überall, wo es Dampf braucht, ob in Molkereien, Papierfabriken oder Chemiekonzernen.

Peter Kordt ist Geschäftsführer von Lumenion und sagt, man müsse sich deshalb von der Idee verabschieden, dass sich die Industrie nicht auch durch Strom erwärmen ließe, und sei er noch so edel. Nicht mit gigantischen Wärmepumpen, die an den benötigten Temperaturen zwischen 100 und 500 Grad Celsius scheitern, sondern mit simplen thermischen Speichern. Das Prinzip „Nachtspeicherofen“ könnte also eine Renaissance erleben.

Wie genau die Speicher aussehen, hängt immer vom Kunden ab

Wie das in der Praxis aussieht, zeigt Kordt in einem Quartier in Berlin-Tegel. Wo Wohnhochhäuser aus den Siebzigern den Bottroper Weg säumen, hat der Ingenieur ein altes Heizhaus umgerüstet. Früher versorgte hier eine Ölheizung die grauen Geschossbauten, jetzt summt am gleichen Ort leise ein thermischer Speicher. Kordt läuft die Treppe zum Heizhäuschen runter und schiebt ein paar leere Flaschen beiseite, die ihren Weg vor den Eingang gefunden haben. Der äußere Eindruck – halb so wild für den Geschäftsführer. „Also man sieht, der Speicher ist wartungsarm, man muss hier nicht so oft runter.“

Wie genau die Speicher aussehen, hängt immer vom Kunden ab. Gemeinsam haben alle, dass die Technik so simpel daherkommt, wie kaum etwas, das mit dem Umbau des Energiesystems zu tun hat. Tatsächlich ist auch das Herzstück dieser Anlage, die 400 Wohnungen das ganze Jahr mit Heißwasser versorgt, einfach aufgebaut: Rundstäbe aus Stahl, jeder 40 Millimeter im Durchmesser, sind in einem Fischgrätmuster im Speicher angeordnet. Sie sind jeweils durch eine Mittelstange zu beiden Seiten gesteckt, damit sie sich ausdehnen können, wenn ihnen warm wird. Denn die Luft, die sie umgibt, wird richtig heiß, wenn der Strom besonders günstig ist, weil viel Wind und Sonne ihn im Überfluss liefern. Ein elektrisch betriebenes Heizgerät, wie ein riesiger Föhn, beginnt den Speicher zu laden. Der Stahl nimmt die thermische Energie schnell und gleichmäßig auf, die Temperaturkurve steigt linear an. Von mindestens 170 Grad bis hinauf auf 450 Grad. An anderen Standorten, wo höhere Temperaturen gebraucht werden, schaffen es die Lumenion-Speicher auch bis auf 650 Grad. Ein Ventilator wälzt die Luft dabei stetig um, und ein Wärmetauscher entzieht dem Speicher schließlich wieder Wärme, wann immer heißes Wasser gebraucht wird. Das Ganze passiert mit einem Wirkungsgrad zwischen 90 und 95 Prozent. Gut gedämmt, verliert der Speicher nur ein Prozent seiner Wärmeenergie pro Tag.

© Lumenion, Illustration petovarga/Adobe Stock, F.A.Z.-Grafik Piron
© Lumenion, Illustration petovarga/Adobe Stock, F.A.Z.-Grafik Piron


„Wir können das Ein- und Ausschalten wie eine Glühbirne“, sagt Kordt. Laden in vier oder mehr Stunden, zusammenhängend oder über den Tag verteilt, 24 Stunden entladen, oder wann immer Wärme gebraucht wird, selbst gleichzeitig laden und entladen sei kein Problem.
Zudem unterstützen die thermischen Speicher indirekt die Energiewende. „Alles lässt sich so anpassen, dass der Speicher nur lädt, wenn regenerative Energie im Überfluss zu einem guten Preis zur Verfügung steht. Dadurch können die vorhandenen Kapazitäten von erneuerbarem Strom maximal genutzt werden.“ Die Speicher bügeln also glatt, was die Erneuerbaren an Volatilität auffahren. Ein Vorteil gegenüber Batteriespeichern oder Brennstoffzellen, die mit jedem Ladezyklus schwächer werden oder Schwankungen ohnehin nicht mögen.

Je mehr Ladezyklen, desto besser

Jobst von Hoyningen-Huene, zu dessen Holding Econnext das Berliner Start-up gehört, glaubt, dass die Einfachheit der Technik eine Stärke ist. Die Speichermodule lassen sich leicht skalieren und überall auf der Welt mit bekannten Komponenten fertigen. Und er sagt:„Ich halte thermische Speicher für eine Schlüsseltechnologie, wenn es um die Dekarbonisierung der Industrie geht.“ Denn der Speicher im Berliner Quartier ist mit seinen 60 Tonnen Stahl und 2,4 Megawattstunden Kapazität ein eher kleiner Vertreter seiner Gattung. Gerade hat Lumenion mit dem Bau eines Speichers mit etwa zehnfacher Leistung begonnen. Ein Biolandwirt hat ihn bestellt, und wo in Berlin ein Wärmetauscher dem Speicher Energie entzieht, braucht es dort jetzt noch einen Dampferzeuger. Gemüse schälen, dämpfen und frosten braucht viel Energie, am besten CO2-freie. Der Betrieb sitzt in Heide und damit im Offshore-Ökostrom-Radius. Pustet der Wind besonders kräftig über die Nordsee, kann Lumenions Software den großen Föhn anwerfen und den Speicher laden, um auch bei kurzer Flaute weiter ein paar Tonnen Erbsen zu verarbeiten.

Inklusive Investition und Wartung kostet der Betrieb zwei bis fünf Cent die Kilowattstunde. Je mehr Ladezyklen ein Betrieb in seine Abläufe einbauen kann, desto schneller ließen sich Geld und CO2-Emissionen sparen. Klar ist aber auch: Um Langzeitspeicherung geht es hier nicht.

Baustein für die Wärmewende: Speicher mit Betonkernen von Energy Nest
© EnergyNest
Baustein für die Wärmewende: Speicher mit Betonkernen von Energy Nest – © EnergyNest


Anders als bei der Großanlage in Hamburg, die Siemens Gamesa testet. Das Grundprinzip ist zwar ähnlich, poröses Vulkangestein wird aufgeheizt, sobald es grünen Strom im Überfluss gibt. Doch das Pilotprojekt versucht sich eigentlich an einer riesigen Carnot-Batterie, will die eingespeicherte Wärme bei Bedarf also über eine Turbine wieder in Elektrizität wandeln, statt sie direkt auszuspeisen. Der Speicher bleibt innerhalb seiner Stromsektorgrenzen, genau wie die schon gängigen Flüssigsalzspeicher, wie sie beispielsweise zu vielen Solarthermie-Kraftwerken gehören, innerhalb ihres Wärmesektors bleiben.

In einem solchen Solarthermie-Kraftwerk in Abu Dhabis grüner Vorzeigestadt Masdar City hat auch das norwegische Unternehmen Energy Nest vor sieben Jahren seine thermische Speichertechnik erstmals in den Praxistest geschickt. Heute arbeiten die Speicher, die ebenfalls in skalierbaren Modulen daherkommen, bereits in Industriebetrieben in Norwegen, Belgien, den Niederlanden oder Italien. „Wenn es schon Dampf gibt, dann speichern wir Dampf“, sagt Geschäftsführer Christian Thiel, denn viel wertvolle Abwärme verpuffe sonst einfach ungenutzt. Die deutsche Energieagentur Dena schätzt, dass die hiesigen Industriebetriebe 125 Terawattstunden einsparen könnten, wenn sie hier effizienter wären. Zudem, so Thiel, sei Wärmerückgewinnung profitabel, zumal bei stetig steigenden Gaspreisen.

Bewährte Technik mit immer größerer Relevanz

Soll ein Energy-Nest-Speicher Strom zu Wärme wandeln, muss mit etwas spitzerem Stift gerechnet werden. Trotzdem könnten sich die Anlagen in zwei bis sieben Jahren amortisieren, sagt Thiel. „Idealerweise hat der Kunde mindestens einen Zyklus von Laden und Entladen pro Tag. Dann spart man richtig Geld.“ Speicher in der Größenordnung zwischen 4 und 10 MWh hat das Unternehmen schon im Betrieb, ein 40-MWh-Speicher steckt in der Entwicklung, ein Angebot für ein Gigawatt-Kraftwerk ist gemacht. Thermische Speicher dieser Art seien kein Fall mehr für die Abteilung „Forschung & Entwicklung“, meint Thiel. Sie sind bewährte Technik mit immer größerer Relevanz.

Die thermischen Speicher der Norweger ähneln denen aus Berlin technisch. Die Kerne im Inneren bestehen aber nicht aus niedrig legiertem Stahl, sondern aus einer geheimen Betonrezeptur, die HeidelbergCement für das Unternehmen entwickelt und „Heatcrete“ getauft hat. Die Mischung wird flüssig in Aluminiumzylinder gegossen. Sie besteht vor allem aus Quarzsteinen sowie ein wenig Zement, Bindemittel und Komponenten, die dem Mix eine hohe Wärmeleitfähigkeit, Speicherkapazität und mechanische Stärke verpassen sollen. Ein wenig Stahl findet sich aber auch hier. Durch jeden Betonkern führen Leitungen, durch die später Wasserdampf oder thermisches Öl fließt, um die Kerne aufzuheizen. Wichtig bei diesem Design ist laut Thiel: Alle Materialien müssen sich bei Wärme gleich stark, fast synchron, ausdehnen.

Langlebig sind sowohl der thermische Stahlspeicher wie auch der Betonspeicher. Beton ist günstiger, sortenreiner Stahl dafür leichter wiederzuverwerten. Als besonders ökologisch gelten beide Materialien trotzdem nicht, weil ihre eigene Produktion CO2-intensiv ist. Machen sie sich aber darum verdient, Prozesswärme aus überwiegend oder gänzlich regenerativ erzeugtem Strom zu liefern und damit Erdgas zu ersetzen, dauert es zwei bis drei Monate – und der ökologische Fußabdruck ist ausgeglichen.

Quelle: F.A.Z.
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10.04.2022 – Aktualisiert: 13.04.2022, 14:30 Uhr https://www.faz.net/-gyg-aoqdl

LUMENION Hochtemperaturspeicher in Berlin, angebunden an die Wärmeversorgung eines Wohnquartiers.

Das leisten Hochtemperaturspeicher

21.04.2022

Energie aus Sonnen- und Windkraft: Was die Umwelt schont, steht nicht immer zur Verfügung. Hochtemperaturspeicher – eine neue Technologie – helfen Industrie und privaten Haushalten, Kosten zu sparen und Verbrauchsspitzen aus elektrischem Strom in Prozess- oder Heizwärme umzuwandeln.

Von außen sehen sie eher unscheinbar aus, sind Kisten von Schaltkasten- bis Containergröße. Dabei haben sie es in sich: Hochtemperaturspeicher. In ihrem Inneren geht es um Hitze – und oft auch um Dampf. Die unscheinbaren Anlagen lösen gleich zwei Probleme: Sie können Energie aus natürlichen Quellen, deren Ertrag aufgrund unterschiedlicher Sonneneinstrahlung oder wechselnder Windstärken stark schwankt, so lange zwischenspeichern, bis sie tatsächlich benötigt wird. Dadurch werden die Stromnetze entlastet. Und die Betreiber können Angebot und Nachfrage entkoppeln. Das heißt, sie können den elektrischen Strom dann einkaufen, wenn er besonders günstig ist – und das birgt ein enormes Einsparpotenzial. Letztlich können Hochtemperaturspeicher so erheblich zur Dekarbonisierung beitragen.

Rainer Carstens, Geschäftsführer von Westhof Bio-Gemüse in Friedrichsgabekoog, plant, einen Wärmespeicher einzusetzen, um die natürlichen Schwankungen bei Wind- und Solarenergie auszugleichen: „Das Energiekonzept unserer europaweit größten Frosterei ausschließlich für Bio-Gemüse folgt unserer Produktionslogik: Wir ‚ernten‘ und speichern den regenerativen Strom – vor allem den, der gerade nicht ins Stromnetz eingespeist werden kann – und nutzen ihn dann, wenn wir ihn brauchen. So wird unser Produktionsprozess nicht nur CO2-frei, sondern auch kostengünstig und versorgungssicher.“

Stahl als Speichermedium

Das Speichern in Form thermischer Energie bietet sich dabei schon deshalb an, weil der Anteil von Wärme am Endenergieverbrauch in Deutschland laut Umweltbundesamt bei rund 50 Prozent liegt. Die Energie aus erneuerbaren Quellen wird dabei vollständig in Wärme umgewandelt und gespeichert. Auf Abruf steht sie dann den Verbrauchern als Prozessdampf oder -wärme oder für Heizung und Warmwasser zur Verfügung.

Das Prinzip, das in den Speicheranlagen steckt, ist eigentlich simpel. Ein Speichermedium – meist werden Wasser, Salz oder Chemikalien genutzt – wird elektrisch erhitzt. Wenn Wärme abgerufen werden soll, wird Wasser durch das Speichermedium geleitet und dann zu den Verbrauchern gepumpt.

Bei großen Anlagen kommen auch andere Speichermedien zum Einsatz. Das Berliner Unternehmen Lumenion zum Beispiel setzt auf Stahlstäbe, die sehr hohe Temperaturen aushalten, damit Wasserdampf erzeugen und Turbinen antreiben können und sich letztlich problemlos recyceln lassen.

Dazu sagt Lumenion-Chef Peter Kordt: „Stahl eignet sich besonders gut für Hochtemperaturspeicher, weil er sich aufgrund seiner Wärmeleiteigenschaften schnell, effizient und sehr wirtschaftlich erhitzen lässt und gleichzeitig große Mengen Energie auf kleinem Raum speichern kann.“ Dabei sei der Speicher emissionsfrei, nicht genehmigungspflichtig und wartungsarm. Kordt weiter: „Der verschleißfreie Betrieb des Speichers sowie die stofflichen Eigenschaften des eingesetzten Stahls sorgen zudem dafür, dass der Vermögenswert des Ausgangsmaterials erhalten bleibt und der Wertstoff unbedingt im Stoffkreislauf geführt werden kann.“

Überschaubare Kosten für Hochtemperaturspeicher

Doch welche Summen müssen Unternehmer für diese neue Technologie ausgeben? Die Deutsche Energie-Agentur (dena) erklärt, warum die Ausgaben nicht so leicht zu beziffern sind: „Die spezifischen Investitionskosten hängen stark von verschiedenen Rahmenbedingungen wie Speichervolumen, Speichermedium und Standortgegebenheiten ab.“ Allerdings ist in vielen Fällen eine zeitnahe Amortisation möglich. Außerdem gibt es auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene zahlreiche Förderprogramme, die sowohl für private Nutzer von Kleinstanlagen als auch für den industriellen Einsatz infrage kommen.

Und, so Kordt von Lumenion: „Mit den thermischen Speichern erzielen wir eine klimapolitisch-wirtschaftliche Win-win-Situation ohne CO2-Ausstoß und damit abgekoppelt von steigenden CO2-Preisen. Außerdem profitieren wir von der bereits heute deutlich verminderten und voraussichtlich ab 2023 vollständig wegfallenden EEG-Umlage auf den Strompreis. Damit wird das Einspeichern regenerativer Energie noch günstiger.“

Quelle: dup-magazin.de

Mit Speichertechnik gegen steigende CO2-Preise

24.11.2021

ENERGIESPEICHER | Die CO2-arme und kostengünstige Versorgung mit Wärme ist eine der großen Herausforderungen für Brauereien in Deutschland.

Stahlspeicher als thermische Energiespeicher können die Energiekosten erheblich drosseln und lassen sich mit jeder Bestandsanlage koppeln. Wie funktionieren sie? Wo sind die Chancen und Grenzen der Technologie?

DIE PARTEIEN DER Ampel-Koalition haben im Koalitionsvertrag verankert, dass Speicher künftig stärker gefördert werden und eine eigenständige Säule im Energiesystem bilden. Zudem soll nach den Plänen der neuen Bundesregierung bis 2030 die Hälfte der erzeugten Wärme klimaneutral erzeugt werden. Speicher zur Nutzung fossilfreier Wärme in der Industrie werden damit noch interessanter.

Ausgangssituation in Deutschland

Rund 75 Prozent der in Brauereien eingesetzten Energie werden für die Bereitstellung von Wärme (Prozesswärme, Raumwärme, Warmwasser) benötigt. Ein Viertel wird als elektrische Energie verbraucht.
Mit einem Gesamtenergieverbrauch von > 3,5 TWh/a liegt die Branche unter den Top 10 der energieintensiven Industrien in der Nahrungsmittelindustrie in Deutschland. Es ist daher sinnvoll, den Prozesswärmebedarf von Brauereien durch Speicherung und Umwandlung regenerativer Energie zu dekarbonisieren.
Bereits heute ist die Nutzung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen günstiger als die Nutzung fossiler Brennstoffe, da Solarstrom zur günstigsten Primärenergie geworden ist. Jedoch wirkt sich die Senkung der Kosten bisher kaum auf den Wärmemarkt aus, da die Strom- und Wärmebranche regulatorisch und wirtschaftlich getrennt sind. Aber wie lässt sich dieses Dilemma lösen, so dass die Nutzung erneuerbarer Energien sich monetär deutlich von der Nutzung fossiler Brennstoffe abhebt?
Eine Lösung zu einer kosteneffizienten und CO2-freien Wärmeversorgung kann der Einsatz von Integrationstechnologien darstellen. Ein Beispiel: Das Berliner Unternehmen Lumenion GmbH setzt auf eine Technologie, mit der Strom aus erneuerbaren Energien als thermische Energie eingespeichert und als CO2-freie Prozesswärme an Brauereien oder zur Versorgung von Nah- und Fernwärmenetzen weitergegeben werden kann. Auf seinen thermischen Energiespeicher hält Lumenion das Patent und wurde 2020 für Technik und Idee mit dem Innovationspreis Berlin-Brandenburg ausgezeichnet.
Das 2015 gegründete Unternehmen setzt auf sogenannte sensible Wärmespeicher. Sensible Wärmespeicher verändern beim Lade- oder Entladevorgang ihre Temperatur „fühlbar“ – sprich: sensibel. Die Wärmekapazität des verwendeten Speichermaterials, der Speicherkern, gehört zu den wichtigsten Parametern bei sensiblen Speichermaterialien. Da der Speicherkern keine Phasenumwandlungen durchläuft, kann er über einen breiten Temperaturbereich eingesetzt werden. Diese Speichertechnik kommt insbesondere im Hochtemperaturbereich zum Einsatz, deshalb spricht man auch von Hochtemperaturspeichern (HTS).

Wie funktioniert diese Technologie?

Der Hochtemperaturspeicher speichert Strom aus erneuerbaren Quellen als Wärme bei bis zu 650 °C. Die gespeicherte Wärme versorgt die wärmegeführten Prozesse der Brauerei. CO2-frei, 24/7 und ohne Genehmigung nach Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG-Genehmigung). Vorhandene Feuerungs- und KWK-Anlagen können partiell oder vollständig substituiert werden und/oder als Redundanz dienen. Insbesondere wärmeintensive Prozesse im Sudhaus und der Abfüllung können unter Beibehaltung wesentlicher Infrastruktur dekarbonisiert werden.
Die Funktionsweise der Stahlspeicher kann man sich in etwa wie eine Powerbank für Wärme vorstellen: Wenn regenerative Energie im Übermaß (zu niedrigen Preisen) zur Verfügung steht, wird damit der Hochtemperatur-Stahlspeicher aufgeladen. Der Speicher nimmt die Wärme dann über mehrere Stunden bis hin zu Tagen auf. Dabei wird vier- bis sechsmal so viel Energie aufgenommen wie abgegeben wird. Zeitversetzt gibt der Energiespeicher dann die eingespeicherte Energie in Form von stetiger, klimafreundlicher Wärme über bis zu 24 Stunden wieder ab. Dies führt zu einem Verdrängungsmechanismus, weil damit die Produktion der fossilen Energie gedrosselt werden kann. Mit den Speichern wird die Energieerzeugung vom Verbrauch entkoppelt. So wird „Brennstoff“-flexibilität erzeugt. Bei größeren Anlagen ist auch eine Rückverstromung möglich.

Aufbau des Hochtemperaturspeichers – hier CAD-Zeichnung des HTS zum Pilotprojekt Heizhaus II am Bottroper Weg,
Berlin-Tegel – Quelle: Lumenion


Die Hauptkomponente des Speichersystems bildet ein, zur Verringerung von Abstrahlverlusten, thermisch gedämmter Speicherkern aus Stahl. Aufbau und Struktur des Speicherkerns werden den anwendungsspezifischen Anforderungen entsprechend thermodynamisch und konstruktiv optimiert. Die Masse des eingesetzten Stahls definiert die Wärmekapazität des Kerns, die Güte des Stahls die maximale Speicherkerntemperatur. Das verwendete Wärmeübertragungsmedium ist gasförmig. Im Lade- und Entladebetrieb des HTS umströmt dieses den Speicherkern. Hierbei wird thermische Energie konvektiv in den Speicherkern übertragen. Das System kann drucklos oder druckbehaftet betrieben werden.
Die eingespeiste Wärme wird in der Grundauslegung mittels elektrischer Wider standsheizung erzeugt. Das System ist Gleich- und Wechselstromtauglich. Die Spannung liegt im Bereich der Nieder- und Mittelspannungsebene.
Die Heizeinheit ist so ausgelegt, dass in kürzester Zeit maximale Strommengen auf-genommen werden können. Entsprechend agil erfolgen Zu- und Abschaltung. Für den zur Be- und Entladung erforderlichen Volumenstrom des gasförmigen Trägermediums sorgen industrieerprobte Gebläse bzw. Pumpen.

Grafik Musteranwendung: Einsatz eines Hochtemperatur-Stahlspeichers im Braubetrieb – Quelle: Lumenion


Die Ausspeicherung erfolgt gleichfalls über das gasförmige Wärmeträgermedium. Die Wärme wird in der Grundauslegung je nach Anforderungsparametern des Abnehmers mit bis zu 515 °C entnommen und über einen Wärmetauscher oder einen Dampferzeuger ausgekoppelt.
Peter Kordt, Geschäftsführer der Lumenion, erklärt, wie die Technologie auf die Praxis anzuwenden ist: „Angesichts steigender CO2-Preise ist es von enormer Bedeutung, zügig auf eine klimafreundliche Wärmeerzeugung umzustellen und eine Technik zu nutzen, die wartungsarm, verlässlich und langlebig ist. Mit unserem Speicher können Brauereien die notwendige Energie aus regenerativen Quellen einkaufen und einspeichern, wenn sie gerade sehr günstig ist – also immer, wenn die Sonne mittags hochsteht, viel Wind bläst oder auch nachts. Der Speicher ermöglicht es dann, die Wärme gleichbleibend und sicher abzurufen, wenn sie benötigt wird.“

Anwendungsbeispiel in der Brauerei

Aber wie wird der Hochtemperaturspeicher im konkreten Anwendungsfall in die Wärmeerzeugungsinfrastruktur einer Brauerei eingebunden? Die in der abgebildeten Grafik dargestellten Dampfparameter sind einem Realbetrieb entlehnt, bei dem der eingebundene Speicher 100 Prozent des benötigten Dampfbedarfs abdeckt.
Bei der Beladung mit Strom aus erneuerbaren Energien ist die dargestellte Anlage dazu geeignet, ca. 3000 t/a Erdgas durch Strom zu substituieren und entsprechend etwa 6400 t CO2/a einzusparen.
Der Einsatz elektrischer Energie zur Wärmegewinnung beziehungsweise die damit verbundene Steigerung des Stromverbrauchs (Energieintensivität, intensive Netznutzung, atypische Netznutzung) kann sich umlage- und netzentgeltreduzierend auf die Strombezugskosten auswirken.
Die in der Grafik dargestellte Musteranwendung in einem Braubetrieb beschränkt sich auf die wärmeintensivsten Prozessschritte im Sudhaus und der Abfüllhalle. Hier werden etwa 60 – 70 Prozent des gesamten Wärmebedarfs benötigt.
Der Hochtemperaturspeicher ist variabel skalierbar und kann auf diese Weise ein Baustein eines klimaneutralen Energiesystems in Brauereibetrieben sein.

Kosten

Die Investitionskosten hängen im Wesentlichen von der Speichergröße und den jeweils aktuellen Stahlpreisen ab. Werden die Kosten bei einer angenommenen Lebensdauer von 20 Jahren und entsprechender Ladezykluszahl auf die Wärmemenge bezogen, so belaufen sich die Kosten auf 0,02 – 0,04 EUR/kWh.
Die Betriebskosten des Speichers sind gering. Lediglich die Lüfter und Steuerungseinheiten verbrauchen dauerhaft Energie. Heizregister arbeiten nur bei Beladung. Wartungs- und Instandhaltungskosten beziehen sich ausschließlich auf industrieerprobte Komponenten wie Lüfter und Heizungen, da regelmäßig vorgeschriebene Prüfungen am eigentlichen Speicherkörper nicht anfallen. Die jährlichen Betriebskosten eines Speichers werden daher mit circa einem Prozent der Investitionskosten angesetzt.

Aspekte der Nachhaltigkeit

Es gibt eine Reihe von Anwendungen, für die thermische Speicher eine Lösung zur CO2-freien Wärmeversorgung bieten. Dies betrifft alle Unternehmen mit einem Wärme- oder Dampfbedarf, die einen Anstieg der CO2-Preise erwarten müssen. Zu diesen Unternehmen gehören auch Brauereien.
„Auch über die Wärmeversorgung hinaus sind die Speicher sehr nachhaltig“, verspricht Lumenion-Chef Peter Kordt. Der Aufbau einer Speicheranlage muss nicht genehmigt werden und sie muss im Anschluss nur selten gewartet werden. Durch die Verwendung von Stahl als Wärmespeicher ist die Anlage zudem vollständig recycelbar, so dass die Bestandteile der Anlage auch im Falle eines Abbaus verwertet werden können.
Kordt: „Der Speicher aus Stahl kann direkt vor Ort bzw. in der Nähe des Aufstellortes gefertigt werden. Perspektivisch wird es auch möglich sein, Stahlschrott bei der Produktion des Speichers zu verarbeiten. Dadurch können Unternehmen ihren CO2-Fußabdruck sogar noch weiter reduzieren.“
Allerdings gibt es eine Reihe regulatorischer Hindernisse, welche die Durchsetzung von Speichertechnologie auf dem deutschen Markt momentan noch erschweren. So sieht das deutsche Energiewirtschaftsgesetz Energiespeicher bisher noch als Erzeuger und Verbraucher in einem. Peter Kordt: „Die neue Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag bereits die Weichen gestellt, um Energiespeicher als eigene, wichtige Säule der Energiewende zu fördern. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) soll zügig und grundlegend überarbeitet werden. Für Energiespeicher zur Dekarbonisierung industrieller Wärme wird sich das regelrecht wie ein Booster auswirken.“
Zudem sieht der Koalitionsvertrag die Schaffung „eines zweiten Emissionshandels für die Bereiche Wärme und Mobilität (ETS 2)“ vor [1]. Auf EU-Ebene ist die Speicherung von Wärme als Integrationstechnologie bereits klar definiert worden.

Fazit

In Zeiten steigender CO2-Preise und knapper werdender Rohstoffe stellen thermische Speicheranwendungen eine interessante Technologie für die Versorgungssicherheit im Energiesystem dar und leisten einen großen Beitrag zu einer CO2-freien Wärmeversorgung. Thermische Energiespeicher zeichnet aus, dass:

  • die gespeicherte regenerative Energie zeitversetzt, flexibel als zuverlässige Prozesswärme verwendet werden kann;
  • die Anlagen emissionsfrei und wartungsarm sind;
  • regenerative Energie eingespeichert wird, wenn sie kostengünstig und verfügbar ist;
  • die Speicheranlagen nicht genehmigungspflichtig sind und
  • keine Prozessumstellung erfordern.

Der Einsatz solcher Speicheranwendungen ermöglicht es, die Nutzung der erneuerbaren Energien erheblich zu skalieren, indem die Speicher Energie aus erneuerbaren Quellen dann zur Verfügung stellen, wenn der Wind nicht weht oder die Sonne nicht scheint.

Foto: Amin Akhtar

Autorin: Verena Köttker, Köttker Kommunikation, Berlin
Quellen: 1. Koalitionsvertrag: Mehr Fortschritt wagen;
https://www.gruene.de, veröff. 24.11.2021, Vertrag S. 62.